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: Denkmal der ermordeten Sinti und Roma erhalten und schützen

B90/GRÜNE Berlin-Mitte

Beschluss der Bezirksgruppe von Bündnis 90/Die Grünen Berlin-Mitte vom 23. März 2021

"Der Weg in den Tod begann in den Zügen der Deutschen Reichsbahn", denn die heutige Deutsche Bahn (DB) ist deren Rechtsnachfolgerin. Zum diesjährigen Holocaust-Gedenktag am 27. Januar hatte die DB erklärt, man engagiere sich "gegen Antisemitismus und gegen das Vergessen. Deshalb fördern wir die Erinnerungskultur an das im Nationalsozialismus von Deutschen begangene Menschheitsverbrechen gegen Juden und andere
verfolgte Gruppen."

Mit diesem Zitat soll die Bedeutung des Projekts S21 für die Infrastruktur des ÖPNV nicht relativiert werden, nichtsdestotrotz dürfen die bevorstehenden Planungen das Mahnmal in keinster Weise gefährden. Dies ist vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte und dem jahrelangen Kampf der Hinterbliebenen für ein solches Mahnmal undenkbar und absolut inakzeptabel!

Warum? Das Denkmal birgt die ungeschriebene Geschichte der Verfolgung und Ermordung der Sinti und Roma während des Nationalsozialismus, gefolgt nach dem Kriegsende von der staatlich offizialisierten Leugnung, Kriminalisierung und Ausgrenzung der Überlebenden und Hinterbliebenen in Deutschland.

Dies bestätigten die höchsten deutschen Richter des Bundesgerichtshofes in ihrem Grundsatzurteil vom 7. Januar 1956 im Zusammenhang mit einem Entschädigungsverfahren mit erschlagenden Worten: alle staatlichen Verfolgungsmaßnahmen vor 1943 seien legitim gewesen, weil sie von "Zigeunern" durch "eigene Asozialität, Kriminalität und Wandertrieb" selbst veranlasst worden seien. Im März 1943 wurden die meisten noch lebenden Mitglieder der Minderheit, die der NS-Rassenwahn als "Zigeuner" verfemte und verfolgte, in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert.Noch bis in die 1980er-Jahre hinein mussten die überlebenden Opfer der NS-Verfolgung um Anerkennung und Entschädigung kämpfen. Erst am 18. März 1982 wurde der Völkermord an den Sinti und Roma durch den damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt anerkannt.

Obwohl die Pläne für das S-Bahn-Projekt Jahrzehnte alt sind, soll der geplante Bau der S21-Trasse das Denkmal tatsächlich berühren, denn kein Plan schützt das Mahnmal wirklich. Laut der letzten Diskussion zum Bauvorhaben soll das Mahnmal, einschließlich der Bäume, erhalten bleiben, jedoch der unterirdische Raum über einen längeren Zeitraum nicht nutzbar sein.

Für Dany Karavan, den Bildhauer und Autor des Mahnmals, ist das nicht akzeptabel, denn das würde die Bedeutung des Mahnmals zerstören. "Gerade im aktuellen Kontext rassistischer Übergriffe würde jede Beschädigung des Denkmals Sinti und Roma verletzen." "Eine Straßenbahnlinie", so Karavan, „kann bewegt werden, aber kein Kunstwerk.“

Das Mahnmal ist daher in seiner Vollständigkeit zu schützen und eine Planung, die dieses und somit auch das Gedenken an diesem Ort beeinträchtigt, ist zu verhindern.

Wir haben eine Verantwortung gegenüber den Opfern des Massenmordes an Sinti und Roma sowie deren Hinterbliebenen und Angehörigen, welchen diese Stätte als ein Ort der Trauer, Erinnerung und Mahnung dient. Darüber hinaus ist die Gedenkstätte ein Instrument der Sensibilisierung und Aufklärung für die zahlreichen Besucherinnen und Touristinnen, die auf dieser Weise mit der Geschichte des Holocaust an Sinti und Roma in Europa vertraut werden.

Zusammen mit dem Denkmals für die ermordeten Juden Europas, das in der unmittelbaren Nähe liegt, schafft das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma einen Raum der Begegnung, Erinnerung und Anerkennung der gemeinsamen Verfolgungsgeschichte. Seit seiner Einweihung im Oktober 2012 findet jedes Jahr am 2. August, der internationale Tag des Gedenkens an den Holocaust an Sinti und Roma, öffentliche Gedenkveranstaltungen, die die Erinnerung an diesen besonderen Teil der Geschichte der beiden Deutschlands und der Minderheit der Sinti und Roma. Seit dem 15. April 2015 gibt es einen europäischen Gedenktag, der die Opfer des Holocaust und die wenigen Überlebenden ehrt.

Das Erinnern und Gedenken an den Völkermord verträgt keine Unterbrechung!

Denn was wäre in Deutschland die Erinnerungskultur an und die ungeschriebene Geschichte der Sinti und Roma, ohne dieses Denkmal?