Das Offenlegen kolonial-rassistischer Zusammenhänge und die Dekonstruktion des rassistischen und stigmatisierenden Straßennamens “M-Straße” ist bereits seit Jahrzehnten fester Bestandteil aktivistischer, wissenschaftlicher und politischer Initiativen in Berlin-Mitte und darüber hinaus. Das rassistische und beleidigende M-Wort, im Fall des U-Bahnhofes, gegen den Namen des russischen Komponisten Glinka zu tauschen, steht den zentralen Werten und Forderungen von Schwarzen, antirassistischen und dekolonialen Organisationen und Aktivist:innen entgegen. Denn ausgerechnet der Komponist Glinka, der als Namensgeber herhalten soll, fällt durch seine antisemitischen Werke sowie zahlreiche antisemitische Aussagen auf.
Wir fordern, den Namen der rassistischen und stigmatisierenden M-Straße sowie den Namen der entsprechenden U-Bahnstation M-Straße, durch den Namen einer Persönlichkeit zu ersetzen, die sich gegen Rassismus, Kolonialismus und Menschenfeindlichkeit eingesetzt hat. Wir fordern bei der Umbenennung den Bezug zur Geschichte von versklavten Schwarzen Menschen und ihrem Leben hier in Deutschland beizubehalten, um dabei die Perspektive der Erinnerung umzukehren.
Wir schlagen in diesem Sinne vor, die Straße sowie die U-Bahnstation nach Anton Wilhelm Amo (c. 1703 – c. 1759), dem ersten Schwarzen Akademiker Deutschlands, umzubenennen. Amo, der in Axim in der westlichen Region des heutigen Ghanas geboren wurde, war im Alter von etwa vier Jahren von der Dutch West India Company entführt und nach Amsterdam verschleppt worden. Er wurde als "Geschenk" an Anton Ulrich, Herzog von Braunschweig- Wolfenbüttel, gegeben, in dessen Schloss in Wolfenbüttel er lebte. Später absolvierte er ein Studium der Philosophie und Rechtswissenschaften in Halle und Wittenberg und arbeitete als Privatdozent. Amo wurde als einer der ersten prägenden Schwarzen Philosophen und Rechtswissenschaftler in Deutschland bekannt.
Wir sind uns bewusst, dass einer Umbenennung des U-Bahnhofs die Umbenennung der M- Straße vorausgehen muss, damit die rechtlichen Grundlagen für den neuen Namensgeber Anton Wilhelm Amo geschaffen sind. Denn für eine Haltestellen-Umbenennung gilt die Prämisse, dass der neue Name der Station Reisenden eine räumliche Orientierung geben soll.
Daher fordern wir von der BVG von einer vorschnellen Umbenennung der Haltestelle abzusehen und zunächst den politischen Prozess der Straßenumbenennung, der durch die momentane Rassismusdebatte an Fahrt aufgenommen hat, abzuwarten und zu begleiten.
Die Forderung: Seit Jahrzehnten wird u.a. beim jährlich stattfindenden Umbenennungsfest für die M-Straßen und dem jährlich stattfinden Gedenkmarsch zur Erinnerung der afrikanischen/Schwarzen Opfer von Versklavung, Kolonialismus und rassistischer Gewalt gefordert, in der Gegend um die M-Straße bzw. an der U-Bahnhaltestelle einen Lern- und Erinnerungsort zu errichten. Dies ist einer der Kernbestandteile, die mit einem Umbenennungsprozess einhergehen, da so die wichtige Chance gegeben wird, ein Gegennarrativ zu weißen kolonialen Erzählungen zu schaffen. Ein ergänzender Lern- und Erinnerungsort mit partizipativer Beteiligung wäre außerdem ein wichtiges Zeichen der Solidarität mit und der Anerkennung von Schwarzen Menschen und deren Communities sowie ihrer Verbündeten in ganz Deutschland. Ihre Geschichten, ihre Lebensrealitäten und ihre Forderungen werden gehört und ernst genommen.
Gleichermaßen sehen wir es in der Verantwortung von Bündnis 90 / Die Grünen in Berlin-Mitte, gemeinsam mit anderen politischen Parteien auf Bezirksebene zu einem schnellen Beschluss in Sachen Umbenennung und dem vorhergehenden Informationsprozess zu kommen.
Bei Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zu Verfügung:
Jeff Kwasi Klein
Kreisvorstand Bündnis 90 / Die Grünen Berlin-Mitte M: jeff.kwasi.klein@gruene-mitte.de
T: +49 (030) 54468299
Laura Neugebauer
Fraktionvorsitzende Bündnis 90 / Die Grünen in der BVV-Mitte M: Laura.Neugebauer@gruene-fraktion-mitte.de
T: +49 (030) 9018 24592